Ein naturnaher Garten: Lebensraum für Pflanzen und Tiere
Ein naturnaher Garten hat viele Vorzüge. Er bietet nicht nur Lebensraum für zahlreiche Tiere, er macht das Gärtnern auch wesentlich entspannter. Und da wir mittlerweile äußerst Laissez-faire in unserem Garten sind, lautet unser Motto “Perfectly imperfect”. Doch das war nicht immer so: Von unseren anfänglichen, ehrgeizigen Bemühungen, hier im moorigen Gebiet einen englischen Rasen zu schaffen, ganz nach meinem elterlichen und großelterlichen Vorbild, haben wir uns recht schnell verabschiedet. Zum Glück!
Naturnaher Garten – viele Vorteile für Tiere, Pflanzen und Gärtner
Seitdem gleicht unsere “Grünfläche” eher einer Wiese, üppig gesprenkelt mit Butterblumen, Schafgarbe, Klee, ach ja, und Gänseblümchen, in der nur Wege gemäht werden. Meine anfänglichen Bedenken, ein naturnaher Garten könne zu unordentlich aussehen, habe ich ziemlich schnell über Bord geworfen. Von den einstigen Ecken und Kanten ist im Garten nichts mehr zu sehen; sie sind Staudenbeeten und wilden Bereichen gewichen. Alles scheint wie im Fluss.
Zugegeben, es sieht vielleicht etwas wild(er) aus, trägt jedoch zum ländlichen Charme eines Naturgartens bei. Vor allem aber, und was mir ein ganz besonderes Anliegen ist, schaffen wir mit diesem tierfreundlichen Garten einen Lebensraum für Pflanzen und Tiere. Und so kommt es, dass wir uns neben unseren Haustieren auch über zahlreiche Wildtiere und Insekten in unserem Garten freuen können.
Gänse
Den Rest der “Mäharbeiten” erledigen derzeit unsere 22 Pommerngans Gössel. Wobei sie ziemlich genau jedes Gänseblümchen stehen lassen. Denn dass Gänse Gänseblümchen verschmähen, haben wir erst in unserem ersten Gänse-Jahr von den Gänsen selbst gelernt. Learning by doing at its best.
Seit drei Wochen wohnen sie inzwischen bei uns im Gartenhäuschen. Wenn sie groß genug sind, ziehen sie auf ihre Sommerweide um. Glücklicherweise ist diese nicht weit von unserem Grundstück entfernt, sodass sie alle artig im Gänsemarsch hinter uns hergehen. So lautet zumindest der Plan.
Bis es so weit ist, bekommen die Gössel immer wieder neue Rasenabschnitte zugeteilt. Und da man ihnen regelrecht beim Wachsen zusehen kann, werden auch die Rasenabschnitte immer größer.
Hund
Im vergangenen Sommer sind wir stolze Hundeeltern einer Mischlings-Fellnase geworden. Ja, es muss wohl stimmen: Das letzte Kind hat Fell. Seit die Kinder aus dem Spielalter herausgewachsen sind, fehlte meinem Mann und mir irgendwie etwas. Nachdem der Garten hundegerecht gemacht wurde, Beete zur No-go-Area erklärt wurden und wir wissen, welche Pflanzen giftig für ihn sind, ist alles viel entspannter. Und so wird nun im Garten gespielt und werden fleißig Tricks und Kommandos geübt. Darüber hinaus sagt unser Hund eifrig Bescheid, wenn eines der Gössel ausgebüxt ist.
Igel
Man sieht ihn meist in der Dämmerung oder wird nur durch ein Rascheln im Beet und ein lautes Schmatzen darauf aufmerksam, dass er in der Nähe ist: der Igel. Igel sind gern gesehene Tiere in unserem Garten. In einem naturnahen Garten finden diese nachtaktiven Nützlinge jede Menge Nahrung vor, die sie für ihren Nachwuchs benötigen und natürlich auch, um sich auf den Winterschlaf vorzubereiten. In unserer Wildhecke können sie auf der Suche nach Nahrung durchschlüpfen oder es sich unter einem Laubhaufen für ihren 6-monatigen Winterschlaf bequem machen. Und ein naturnaher Garten hält wahrlich einiges bereit, was auf dem Igel Speiseplan steht:
- Allen voran Nacktschnecken
- Gehäuseschnecken
- Käfer
- Tausendfüßler
- Regenwürmer
Rehe
Seit wir unseren Hund haben, halten sich die Schäden durch Rehverbiss zum Glück in Grenzen. So bezaubernd der Anblick eines Rehs im eigenen Garten auch ist. Wenn man während der morgendlichen Gartenrunde (Kaffeetasse in der Hand) feststellt, dass an einer Stelle keine Rosenknospen mehr sind, wo eigentlich welche hätten sein müssen und man dann auf einem Video, aufgenommen von unserer Wildkamera, anschaut, wie ein Rehbock des Nachts gerade eben diesen Rosenknospen zu Leibe rückt, ist es mit der Gartenromantik ziemlich schnell vorbei. Auch an unseren Himbeerblüten, Erdbeeren und Obstbaumblüten haben sich Rehe schon bedient. Aber das scheint ja nun der Vergangenheit anzugehören.
Vögel
Dieses Jahr scheint ein fantastisches Kirschen-Jahr zu sein. Auch Johannisbeeren und Himbeeren versprechen eine üppige Ernte. Noch nie hatten wir so viele Kirschen an unseren Kirschbäumen. Kein Wunder also, dass Star, Haussperling, Specht und Co. sich im Kirschbaum schon mal bereit machen, um die reifenden Kirschen zu stibitzen. Da habe ich mir überlegt, meinen Arbeitsplatz an den warmen Tagen einfach an unseren Gartentisch unter dem Kirschbaum zu verlegen. Da ist es zum einen schön schattig, und zum anderen trauen sich die Vögel dann nicht so weit vor. Nichtsdestotrotz überlassen wir den Vögeln gern die Kirschen im oberen Kronenbereich. Es sollen ja alle etwas davon haben.
Auch die Trauben an unserer Südwand entwickeln sich prächtig. Dort habe ich die Tage eine brütende Amsel entdeckt. Ich vermute, sie guckt sich als kleinen Zeitvertreib schon die schönsten Trauben für einen kleinen Zwischensnack aus.
Unsere gefiederten Besucher schenken uns so viel Freude. Da sind die Schwalben, die wie wahre Luftakrobaten auf der Jagd nach Insekten durch die Luft flitzen, das allabendliche Singkonzert der Vögel, bevor für sie der Tag zu Ende geht, das Rotkehlchen, das immer so wirkt, als würde es kurz nach dem Rechten sehen, oder die kleine Schwanzmeise, die während meiner Arbeit am Fenster vorbeischaut. Alle zaubern mir immer wieder ein Lächeln ins Gesicht.
Dieses Jahr gibt es bei uns auch besonders viele Störche. Wir sehen sie wirklich überall auf unseren Gassi-Runden. Mein persönliches Highlight, neben der kleinen Schwanzmeise, war die Rast eines Storchs auf unserem Hausdach.
Kaninchen
Unsere beiden Kaninchen, Flopsy und Toffee, dürfen sich seit einigen Jahren tagsüber frei im Garten bewegen. Die flauschigen Langohren sind immer ein sehr friedvoller, putziger Anblick. Doch als sie sich über die jungen Triebe von Rispenhortensie, Eisenkraut und einjährigem Rittersporn hergemacht haben, hörte der Spaß bei mir auf. Die Lösung war Kaninchendraht. Seitdem wir Kaninchendraht an den “kritischen” Stellen angebracht haben, kann ich mich wieder beruhigt anderen Dingen widmen.
Bienen und Hummeln
Ein trauriges Manko gibt es in unserem Garten leider doch zu verzeichnen. Wir haben zwar viele Hummeln und Wildbienen, aber die Zahl echter Honigbienen ist in diesem Jahr zurückgegangen. Die Bienen, die ich sonst in den vergangenen Jahren noch zahlreich an den Obstbaumblüten gesehen habe, waren erschreckend wenig.
Deswegen versuche ich unermüdlich von Saisonanfang bis -ende so viel Nahrung wie irgend möglich für diese wunderbaren Nützlinge durch ein durchgehendes Angebot an Bienenmagneten in unseren Staudenbeeten anzubieten. Ich habe auch schon damit geliebäugelt, einen Bienenstock vom benachbarten Imker in unserem Garten aufzustellen. Das würde zwar nicht gegen den Bienenrückgang helfen, aber mich würde wirklich interessieren, wie “unser” Honig schmeckt. Mal sehen.
Naturnaher Garten – nicht alle Tiere sind willkommen
Bei aller (Tier)Liebe muss ich zugeben: nicht jedes Tier, das ich in unserem Garten vorfinde, löst Luftsprünge in mir aus. Denn es kann auch großen Schaden an unseren Pflanzen und an der bevorstehenden Gemüseernte verursachen.
Wühlmäuse
Diese kleinen Nager sehen vielleicht ganz niedlich aus, haben es aber faustdick hinter ihren kleinen Mauseohren. Denn sie graben sich einen Gang und kommen von unten an die Wurzel, Zwiebel oder Knolle, wo sie sich dann völlig unbemerkt satt essen können. Über Tage sieht man den Schaden meist erst, wenn es zu spät ist. Dann zum Beispiel, wenn man eine plötzlich locker sitzende Eichenblättrige Hortensie wieder gerade rücken möchte und sie stattdessen widerstands-, weil wurzellos aus der Erde zieht … Meinen ziemlich perplexen Gesichtsausdruck hätten Sie sehen sollen.
TIPP: Wühlmäuse sind geruchsempfindlich und können den Geruch von Knoblauch nicht leiden. Pflanzt man Knoblauch um ihre bevorzugten Gemüsepflanzen, meiden sie diese.
Auch vor dem Gemüsebeet machen Wühlmäuse nicht Halt. So finden sie unsere Artischocken ebenfalls sehr schmackhaft. Ein kleiner, langgezogener Erdhügel im Beet hat sie neulich verraten. Ein um die Wurzel gepflanzter Drahtkorb soll daher in diesem Gartenjahr Abhilfe schaffen und eine schöne Artischockenernte garantieren.
Ich sehe uns jetzt schon mit einem schönen Glas Weißwein in unserem Outdoor Wohnzimmer, dazu knusprig-fluffiges Baguette und eine gegarte Artischocke, deren Blätter Blatt für Blatt gezupft und mit Salz und zerlaufener Butter gezuzelt werden. Und als krönender Abschluss kommt das Artischockenherz. Mmmmh. Mehr bedarf es für einen genussvollen Abend eigentlich nicht.
Nacktschnecken
Doch bei all der großartigen Artenvielfalt, die ein naturnaher Garten mit sich bringt, der Anblick eines Tieres verursacht bei mir sofort ein nervöses Augenzucken: die Nacktschnecke! Ach, über Nacktschnecken könnte ich einen ganz eigenen Artikel schreiben! Seit Wochen kommt es in unserem Garten täglich zum Showdown: Ich, bereit, meine kleinen Pflanzen- und Gemüseschützlinge vor den kleinen Vielfraßen zu schützen, gegen eine ganze Armada von Nacktschnecken.
Am Wochenende hatte ich beispielsweise meine seit März liebevoll in Töpfen vorgezogenen Dahlien ins Beet gepflanzt, nur um sie gerade noch vor dem Nacktschnecken-Tod – angezettelt von einer fünf Nacktschnecken umfassenden Gang – zu bewahren.
Oder meine Rudbeckia maxima, die jedes Jahr zu einem Meer aus goldgelben, im Wind umher wiegenden Blüten heranwächst. Ein wahrer Hingucker von stattlichen 1,80 Metern. Dieses Jahr werde ich auf sie verzichten müssen, denn die Neutriebe des inzwischen auf eine beachtliche Größe herangewachsenen Horstes des Riesen-Sonnenhuts wurden von den schleimigen Plagegeistern regelrecht dem Erdboden gleichgemacht.
Ähnliches ist dieses Jahr leider auch meinen geliebten Sterndolden widerfahren.
Was tun gegen Nacktschnecken
Was also tun gegen die Nacktschnecke? Dieses Jahr sind es so viele, dass nicht einmal Igel, Amsel, Elster, Star, Blindschleiche, Weinbergschnecke oder Erdkröte in unserem naturnahen Garten der Schnecken(p)lage Herr werden können.
Damit meine Annabelle Hortensien und Purpur-Sonnenhüte – oder gar mein Gemüse – nicht das gleiche Schicksal ereilt, habe ich mich für das Auslegen von Eierschalen und das Absammeln der Schnecken entschieden. Darüber hinaus habe ich gehört, dass ein Ring aus Schafwolle die Schnecken auch daran hindern soll, dem delikaten Pflücksalat zu nahezukommen. Also habe ich oben am Deich Wolle gesammelt und ausgelegt. Mein Fazit: Funktioniert nicht.
Hühner
Also bleibe ich bei der Eierschalen-Methode. Keine Eierschale landet hier mehr im Biomüll. Stattdessen werden sie gesammelt und als Schnecken-Barriere ausgestreut. Und das funktioniert auch gut. Zum Glück werden wir von unseren Nachbarn und Freunden mit Eiern versorgt. Hühner habe ich selbst leider (noch) keine. Die haben nämlich auch nichts gegen die eine oder andere Nacktschnecke einzuwenden. Beim Anblick dieser kleinen flauschigen Bälle meiner Freundin könnte ich aber doch glatt schwach werden.
Und daher gestalten sich meine Abende momentan so, dass ich durch die Beete streife und akribisch Nacktschnecken in einem Eimer sammle. Ich habe aufgehört, sie zu zählen, aber ich bin mir sicher, dass ich mit jeder abgesammelten Nacktschnecke eine Sekunde früher einschlafe. Und die ruhige, abendliche Stimmung im Garten hat auch etwas sehr Wohltuendes, ja fast Meditatives an sich. Perfekt, um nach einem langen Tag abzuschalten.
Zu guter Letzt verbinde ich das Aussetzen der Schnecken mit der letzten Gassi-Runde mit unserem Hund, bevor wir es den Vögeln gleichtun und zufrieden ins Bett gehen.
Ein Beitrag unserer Gastautorin Helen Kuckling. Zweisprachig aufgewachsen, naturverbunden, tierlieb und mit einem ausgeprägten Faible für Gärten und Großbritannien, berichtet sie für uns regelmäßig aus ihrem eigenen grünen Paradies im Norden Deutschlands.